Ausstellung · Tanz · Musik · Lyrik
Der Dresdner Totentanz ist ein Kunstprojekt von Thomas Friedlaender in Zusammenarbeit mit dem Kunstdienst der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens.
Freitag, 9. März 2012, 20 Uhr, Dreikönigskirche Dresden
Musik und Texte aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges – mit:
Hanns-Jörn Weber – Lesung
Ensemble „Corona harmonica“:
Maria Skiba - Sopran
Thomas Friedlaender - Zink
Ulrike Titze - Violine
Jan Katzschke - Cembalo und Leitung
Schönheit dieser Welt vergehet
wie ein Wind, der niemals stehet,
wie die Blume, so kaum blüht
und auch schon zur Erden sieht,
wie die Welle, die erst kömmt
und den Weg bald weiter nimmt.
Was für Urteil soll ich fällen?
Welt ist Wind, ist Blum und Wellen.
Martin Opitz (1597-1639)
Zeiten des Krieges sind normalerweise nicht Zeiten der Künste. Einerseits gilt dies auch für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges: Die Möglichkeiten, prunkvolle Musiken aufzuführen, waren alleine schon dadurch begrenzt, dass begabte Sänger eher als Soldaten „verwendet“ wurden denn als Musiker. Heinrich Schütz etwa veröffentlichte seine „Kleinen Geistlichen Konzerte“ nach eigenen Worten vor allem, um diesem Sängermangel durch klein besetzte Kirchenmusik zu begegnen. Andererseits mag es aus heutiger Sicht verwundern, wie viele musikalische Veröffentlichungen ausgerechnet in dieser schweren Zeit in Deutschland erschienen. Angesichts der Belagerungen und zwangsweisen Einquartierungen von Soldaten (wobei unerheblich war, ob diese durch „protestantische“ oder „katholische“ Heere geschahen) und deren verheerenden Folgen für die deutschen Städte kann man nur darüber staunen, mit welchem Eifer das künstlerische Leben wieder erblühte, sobald eine Plünderung oder Belagerung überstanden war.
Grundtenor der Kunst der Zeit ist – wen wundert es auf diesem Hintergrund – einerseits die Betonung der Nichtigkeit alles Irdischen in sehnsüchtiger Melancholie; jedoch mag es erstaunen, wie gerade in schwierigster Zeit immer wieder ein so harmonisches Lob Gottes zum Ausdruck gebracht werden konnte. Damit stehen Musik und Texte des 17. Jahrhunderts im krassen Gegensatz zu unserer Zeit, die Geld und Besitz – also den Inbegriff des Irdisch-Materiellen – zum Maßstab des Lebenswertes erhoben hat. Kein populäres Konzertprogramm also, das Sie heute hören: Es stellt keine geringere Frage als die nach dem Sinn unseres Lebensstiles.
„Kunst ist nicht Ausdruck unseres Lebensgefühls, sondern eher das, was uns fehlt in unserem Lebensgefühl“ äußerte der moderne Komponist Helmut Lachenmann provozierend in der „Zeit“ als Abgrenzung der zeitgenössischen Musik zur Pop-Musik. In diesem Sinne sind Musik und Texte aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges für uns ebenso aufrüttelnd wie die neueste Kunst: Eine Zeit, die das „Diesseits“ dem „Jenseits“ vorzieht, kann vielleicht aufgerüttelt werden durch die Rückbesinnung auf eine Zeit, die das „Jenseits“ über das „Diesseits“ stellte. Doch diese Rechnung geht nicht ganz auf: Die Komponisten und Dichter des 17. Jahrhunderts haben wohl kaum ans Provozieren gedacht. Ausgerechnet der Ausdruck ihres Lebensgefühles ist es, der uns heute eindringliche „Botschaft“ ist. Und das schloss nicht nur das Empfinden der Nichtigkeit des Lebens, sondern vor allem die Hoffnung auf Gott ein, dessen Eingreifen sie ganz diesseitig erfuhren und der deshalb auch in schwerer Zeit mit leidenschaftlicher Musik angerufen und gelobt wurde.
Hanns-Jörn Weber wurde 1941 in Bromberg geboren. Er legte 1963 die Bühnenreifeprüfung ab und arbeitete bereits während dieser Zeit an den Städtischen Bühnen Quedlinburg. Nach seinem Abschluss trat er ein Engagement am Mecklenburger Staatstheater Schwerin an und wechselte 1967 an die Bühnen der Stadt Magdeburg. 1970 kam Hanns-Jörn Weber an das Staatsschauspiel Dresden, wo er zunächst festes Ensemblemitglied war und seit 2007 als Gast tätig ist. Derzeit ist Hanns-Jörn Weber am Staatsschauspiel Dresden zu sehen in „Ich will Zeugnis ablegen.“ sowie als Ludwig von Arbogast in Tellkamps „Der Turm“.
Die Sopranistin Maria Skiba ist in Krakau (Polen) aufgewachsen und lebt heute in Berlin. Einem abgeschlossenen Studium der Kulturwissenschaften an der Jagiellonischen Universität von Krakau folgte ein Master-Studium mit Diplom in Alter Musik am Königlichen Konservatorium in Den Haag. Dort studierte sie alte Gesangstechniken bei Marius van Altena und Rina Cornelissens und mittelalterlichen Gesang bei Eric Mentzel.
Als Solistin hat sie sich auf die historische Aufführungspraxis von Musik des Mittelalters bis zum frühen 19. Jahrhundert spezialisiert. Lautenlieder von John Dowland und die Kompositionen von Barbara Strozzi bilden zur Zeit einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit. Die Liebe zur Zeitgenössischen Musik führte sie mit der Pianistin Barbara Kler zusammen mit der sie Musik von Karol Szymanowski und Mieczyslaw Karlowicz aufführt.
Sie konzertiert regelmäßig in Europa mit Ensembles für Alte Musik wie Weser Renaissance Bremen, Bella Discordia, Instrumenta Musica Dresden, Cappella Sagittariana Dresden, Cantus Coelln, Le Concert Brise, Musica Fiata Köln, Rhenische Kantorei etc. Ebenso hat sie zahlreiche CDs eingespielt und bei Rundfunkaufnahmen mitgewirkt (Harmonia Mundi, CPO, Deutschlandradio Kultur, SWR, RBB, Polskie Radio). Maria Skiba tritt regelmäßig auf den Festivals für Alte Musik auf, darunter Utrecht Early Music Festival, Festival van Vlaanderen, Bachfest Leipzig, Musikfest Bremen etc.
Das Ensemble „Corona harmonica“ wurde 2002 von dem Organisten und Cembalisten Jan Katzschke mit dem Ziel gegründet, die barocke Kirchenmusik Mitteldeutschlands in lebendiger Weise neu zum Erklingen zu bringen. Dabei finden Nachbauten historischer Instrumente und eine an den überlieferten Quellen geschulte Sing- und Spielweise Anwendung. Einen Schwerpunkt bildet die Wiederentdeckung und Erschließung wertvoller Kompositionen, deren Notenmaterial in den Bibliotheken schlummert. Aber auch die Neubelebung sinnvoller, doch vergessener alter Musizierpraktiken kennzeichnet die Arbeit. Hier ist etwa das Zusammenwirken von Instrumentalisten und Sängern mit der großen Orgel als Continuoinstrument zu nennen, wozu die an wertvollsten historischen Orgeln so reiche Region Freiberg/Dresden hervorragende Voraussetzungen bietet. Markenzeichen der Ensemblearbeit ist auch das Bemühen um eine leidenschaftliche Interpretationskultur sowie um durchdachte Programmkonzeptionen, bei denen über die Musik hinaus inhaltliche Zusammenhänge hergestellt werden.
Der Name des Ensembles geht auf die Motettensammlung „Corona harmonica“ des einstigen Freiberger Domkantors Christoph Demantius (1567–1643) zurück. Dabei ist die Mehrdeutigkeit in der Namensgebung durchaus beabsichtigt: Als „harmonische Krone“ wurde der textgestaltende, kontrapunktische Kompositionsstil verstanden, der zur Grundlage der gesamten nord- und mitteldeutschen Kirchenmusik wurde; „harmonische Runde“, die andere Übersetzungsvariante, zeigt aber auch den besonderen Charakter der Ensemblearbeit, bei dem erfahrene Musiker aus der Region und darüber hinaus im Dienste eines homogenen Klangbildes gemeinsam musizieren. Wenngleich unterschiedliche Programme eine wechselnde Zusammensetzung erfordern – das Ensemble tritt in Besetzungsgrößen von drei bis zwanzig Musikern auf –, kennen die Musiker sich doch durch eine langjährige Zusammenarbeit.
Zu dieser Veranstaltung gibt es Tickets im Vorverkauf zum Preis von 13,–/10,– Euro und an der Abendkasse für 14,–/11,– Euro.
Der Dresdner Totentanz 2012 wird unterstützt vom Kunstdienst der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens sowie von: Antea Bestattungen · BuchHaus Loschwitz · Dreikönigskirche - Haus der Kirche · DresdenTicket.de · Dresdner Neueste Nachrichten · Dresdner Stiftung Kunst & Kultur der Ostsächsischen Sparkasse Dresden · Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens · Evangelisch-Lutherisches Kirchspiel Dresden-Neustadt · Heinrich-Schütz-Konservatorium Dresden · Kröning, Ulbrich & Schröter · LKG Sachsen - Bank für Kirche und Diakonie · Mitteldeutsche Barockmusik · Musikhaus Opus 61 · SUBdesign Werbeagentur · teilAuto Dresden · triole Bläseratelier